IN ÄTHIOPIEN MIT UNSERER STIFTUNG

Etwas bewirken – Schritt für Schritt, Kind für Kind

Afrikas warme Umarmung spüren wir, kaum dass wir aus dem Flugzeug gestiegen sind. Leben und Tod, Sonne und Schlamm, Tiere und Kinder - lauter Gegensätze, die hier zusammentreffen und zu einer Einheit werden.

Wir wollen nach Soddo im Südwesten Äthiopiens. Der Hauptstadt von Wolayta. 200.000 Menschen leben hier. Wir wollen dort Marcella treffen, die das Bildungsprojekt von Campus Busajo betreut (der Name bedeutet in der lokalen Sprache des Amharischen so viel wie „der in die Zukunft zu blicken vermag“). Das Projekt kümmert sich um die Rettung von Straßenkindern und um ihre Wiedereingliederung in Familie und Gesellschaft und wird dabei jedes Jahr von der Costa Family Foundation unterstützt.

 

Am Flughafen von Arba Minch besteigen wir einen Land Cruiser und machen uns auf die Reise, auf einer Asphaltbahn, die sich in der Unendlichkeit verliert. Wir fahren durch einsame Dörfer in überbordender Natur, durch eine Welt, die aus Gehupe, Tuk-Tuks und Motorrädern besteht, aus Tieren und aus Menschen, die auf verzweifeltste Weise versuchen, in halbwegs würdigen Umständen zu überleben. Äthiopien ist die Wiege der Menschheit und mit seinen 118 Millionen Menschen und einer Bevölkerungswachstumsrate von 2,5% pro Jahr das afrikanische Land mit der zweitgrößten Bevölkerung. Das Durchschnittsalter der Menschen beträgt 19,5 Jahre; es gibt über 80 anerkannte ethnische Bevölkerungsgruppen und 80 offizielle Sprachen. Hauptreligion ist das orthodoxe Christentum, doch es gibt auch viele und bedeutende muslimische Gemeinden sowie zahlreiche Anhänger anderer traditioneller Religionen.

 

In Äthiopien füllen sich unsere Augen mit Bildern und unsere Herzen mit Emotionen. Wir finden uns in einer Wirklichkeit wieder, die so vollkommen anders ist als unser Leben in Europa, dass wir das Gefühl haben, auf einmal wieder mit beiden Beinen auf dem Boden angekommen zu sein. Im echten Afrika, das nichts mit den Hochglanzmagazinen und dem luxuriösen, westlichen Safaritourismus zu tun hat. Äthiopien zählt zu den ärmsten Ländern der Welt; über 30 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsschwelle und hat nur begrenzten Zugang zu lebensnotwendigen Gütern wie Essen, Trinkwasser, medizinischer Versorgung und Bildung.

 

Äthiopien leidet außerdem unter einer hohe Mangelernährungsquote, vor allem bei den Kindern. Es wird geschätzt, dass über 30% der Kinder unter fünf Jahren unter chronischer Mangelernährung leiden, was ihr Wachstum und ihre Entwicklung dauerhaft beeinträchtigen kann. Tatsächlich bewegen uns auf unserer Reise die vielen Kinder am stärksten: Sie staunen uns aus großen Augen an, wenn wir auf der Straße an ihnen vorbeikommen. Das hier ist keine Tourismusregion; Weiße sieht man hier kaum. Manche Kinder winken uns zu, die mutigeren rufen uns ein „faranji“ zu, was in ihrer Sprache so viel bedeutet wie „weißhäutiger Mann“. Ein Wort, dessen Wurzeln in der Kolonialzeit liegen, aus der den Menschen hier auch noch wir Italiener in Erinnerung sind. Wegen dem, was wir hier während des Faschismus angerichtet haben.

 

Tausende Straßenkinder gibt es in Soddo. Sie leben in Armut, schnüffeln Benzin aus Plastikflaschen, um ihren Hunger zu betäuben, schlafen in baufälligen Verschlägen, um sich vor den gewaltigen Wolkenbrüchen zu schützen, die hier in der Regenzeit niedergehen. Doch sie alle haben auch noch eine andere Möglichkeit: Sie können in den Campus kommen. Jederzeit. Die Tore stehen immer offen. Niemand wird abgewiesen, und die Kinder können selbst entscheiden, ob sie in den Campus kommen wollen. Oder ihn wieder verlassen wollen.

 

Im Busajo Campus haben die Jungen und Mädchen Zugang zu: medizinischer und psychologischer Versorgung; Unterweisung in den Regeln des Zusammenlebens und der Körperpflege; Unterstützung beim Lernen; berufliche Ausbildung; Sportaktivitäten; Aktivitäten in Landwirtschaft und Weidewirtschaft. 

 

Den Campus kann stationär oder teilstationär genutzt werden. Alle Kinder, die am stationären Programm teilnehmen, erhalten: Kost und Logis, Bekleidung und Schuhe, pflegerische und ärztliche Betreuung, Anmeldung in den städtischen Schulen, Integrationskurse und Sportaktivitäten. Das Zentrum verfügt über eine mit unterschiedlichen Geräten ausgestattete Turnhalle.

 

Das halbstationäre Programm ermöglicht den Straßenkindern den Zugang zum Campus auch von außen, wenn sie etwa medizinische Hilfe benötigen. Oder wenn sie die Werkstätten besuchen wollen, in denen sie eine Berufsausbildung erhalten, mit der sie Arbeit finden und dadurch unabhängig werden können. Auf dem Campus gibt es Werkstätten für das Backen, die Bambusverarbeitung, das Weben und Schneidern, das Schreinern, das Lackieren und Schweißen sowie für die Herstellung von Seife.

 

Die Jungen leben im sogenannten Main Building des Campus, dem Hauptgebäude, wo sie sich auch mit dem vom Programm vorgesehenen Aktivitäten beschäftigen. Die Mädchen hingegen sind nebenan untergebracht, im Girls House, weil sie andere Bedürfnisse haben als die Buben und daher ihr eigenes Programm.

 

Liebe, Sorgfalt, Ordnung, Sauberkeit, Regeln, Würde, Demut und Professionalität: Dies sind die Worte, in denen sich für mein Gefühl am besten der wunderbare Busajo Campus widerspiegelt. Als Costa Family Foundation ist es für uns ein Glück und eine Ehre, zur Entwicklung eines Projekts beitragen zu dürfen, das über ein derart innovatives, stärkendes und transformatives Potenzial verfügt – für die Jungen und Mädchen von Soddo und für die Zukunft der äthiopischen Gesellschaft.

 

Der nächste Schritt besteht nun darin, eine Druckerei zu errichten, um Schulbücher für die Kinder drucken zu können. Während der nächste große Traum darin bestünde, eine eigene Schule eröffnen zu können, um den vielen Hunderten Kinder eine Möglichkeit zu geben, die immer noch da draußen auf der Straße leben. Der Weg dorthin ist lang und erfordert große Anstrengungen. Doch gemeinsam, Schritt für Schritt, Kind für Kind, können wir ihn gehen. Kein Traum ist je zu groß für den, der weit in die Zukunft zu blicken vermag.