IN DER RUHE DER PÄSSE, DER GESANG DER DOLOMITEN

Car Is Over

Wir wissen, dass unsere Dolomiten einmalig sind auf der Welt. Deshalb können wir nicht weiter gedankenlos ausbeuten, was Mutter Natur uns beschert hat. Es würde bedeuten, einen unermesslich kostbaren Schatz zu entwerten – mit Konsequenzen, die auch und vor allem die künftigen Generationen zu spüren bekommen werden, die in dieser Region leben werden.

Zuzulassen, dass der Einfluss des Menschen auf diese Naturlandschaft immer stärker wird, und nichts dagegen zu unternehmen, kommt unserer Meinung nach einer Form der Majestätsbeleidigung gleich. Normen auf europäischer, nationaler und Provinzialebene sowie internationale Abkommen gebieten jeder Bevölkerung, gegen die Umweltzerstörung in ihrer Heimat vorzugehen. Das heißt nichts anderes, als dass jeder einzelne die Verantwortung für die Bewahrung der Natur in seiner Heimat trägt.

 

Mehr denn je zuvor halten wir es daher für notwendig und angebracht, alle zusammen in diese richtige Richtung aufzubrechen. Und zwar mit einem kleinen, konkreten Schritt: einer Verkehrsregelung auf den Sella-Pässen (Pordoijoch, Sellajoch, Grödner Joch und Campolongo-Pass) schon in diesem Sommer. Wir wünschen uns, dass die Menschen in der daraus entstehenden Stille auf den Bergpässen endlich wieder die wahre Melodie der Dolomiten wahrnehmen können. Eine Melodie, die an Sommertagen sonst vom ohrenbetäubenden Röhren der Motoren zum Verstummen gebracht wird.

 

Wir, die wir hier leben und die wir hier Gäste und Besucher empfangen – wir sind es, die darüber entscheiden können, ob wir die Dinge lassen wollen, wie sie sind. Oder ob wir uns stattdessen für eine Zukunft mit wirklich rosigen Aussichten engagieren. So wie es uns unser Alpenglühen, die Enrosadira, ja vorzeichnet. Deshalb haben wir uns auch bei unserem Logo für die Farbe Rosa entschieden. Es ist ein Logo, von dem wir uns wünschen, dass es allen gehören möge.

 

Die Zukunft liegt nicht in der maximalen Ausbeutung von Natur und Heimat, sondern im Wiederentdecken einer Zufriedenheit, die nichts mit Konsum zu tun hat. Sie liegt in einer Stille, die Musik und Atmen bedeutet, Liebe zum Leben und zur Natur. Und somit in der Liebe zu uns selbst. Wenn wir Großes denken wollen, müssen wir verinnerlichen, wie klein wir selbst sind. Stellen wir den Motor ab – schalten wir uns selbst ein!

 

Die Probleme, die der maßlose Autoverkehr in den Sommermonaten auf den Dolomitenpässen erzeugt, liegen bereits klar und überdeutlich auf der Hand. Wir fassen kurz zusammen:

 

1 – Lärmbelästigung und Luftverschmutzung

Exzessiver Autoverkehr, grenzenlose Menschenmassen und Umweltverschmutzung in allen Bereichen wirken sich negativ auf die aktuelle und künftige Lebensqualität sämtlicher Bewohner dieser Region aus, Tiere und Pflanzen inbegriffen.

 

2 – Willkür und rücksichtloses Verhalten

Angesichts des undisziplinierten, gefährlichen Verhaltens von Menschen, welche die Passstraßen der Dolomiten mit Rennstrecken verwechseln, müssen Grenzen gezogen werden.

 

3 – Fastfood-Hütten

Wegen des enormen Andrangs an Passanten und Tagesbesuchern drohen die Gasthäuser auf den Passhöhen sich in Fast-Food-Lokale zu verwandeln – und Berge an Abfällen, Papier und Plastik zu produzieren, die sich über die Landschaft verteilen. Ist das das touristische und kulinarische Modell, das wir anstreben?

 

4 – Die verlorene Stille

Wandern oder Radfahren in den Dolomiten – davon träumen Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Fahrradtourismus und „Slow Tourism“ sind Trends, die immer stärker wachsen. Doch der intensive Auto- und Motorradverkehr, der in den Sommermonaten unsere Gebirgspässe belastet, beeinflusst solche Erlebnisse negativ.

Warum transformieren wir die sommerliche Sellaronda nicht in ein Erlebnis ohne Autos und setzen auf eine alternative Mobilität (Fahrräder vor allen), welche die Umwelt weniger belastet und dennoch Profit bringt?

 

5 – Wohlstand für die Orte an der Sella. Armut und Benachteiligung für die abgeschiedenen Orte

Ein geregelter Zugang zu den Pässen würde dafür sorgen, dass sich die Besucher auch auf solche Gebiete verteilen würden, die nicht unmittelbar vor oder hinter den Pässen liegen. Damit würden sich die Aufenthaltsgebiete vergrößern, wovon wiederum die Bewohner profitieren würden.

 

6 – So werden wir nie zu einem des größten und berühmtesten Naturparkes der Welt

Denn auf diese gewaltige Chance müssten wir verzichten. Liebe Politiker, Amtsträger, Hoteliers und Gäste: Noch legt die Henne ab und zu ein goldenes Ei, doch morgen tut sie das nicht mehr. Ist das so schwer zu verstehen? Lasst uns gemeinsam darüber nachdenken, welche Chancen wir uns hier entgehen lassen. Und lasst uns das Naturerbe der Dolomiten schützen, auch ohne ständig UNESCO-Auszeichnungen zu schwenken. Wenn wir jetzt einen Schritt zurück machen, können wir gleich danach drei Schritte nach vorne gehen. Zum Wohle sämtlicher Beteiligten.

 

UNSER VORSCHLAG

Was wir vorschlagen, ist ein Pilotprojekt zur Verkehrsreglementierung auf den Dolomitenpässen der Sella im Sommer 2023. Eine tägliche zweistündige Sperrung für den Auto- und Motorverkehr hört sich nach wenig an, doch diese zwei Stunden besitzen eine große, lehrreiche Symbolkraft. Es handelt sich um eine Aktion, die als Fortsetzung der verschiedenen Projekte auf Provinzebene und/oder auf regionaler Ebene und/oder in den einzelnen Tälern gedacht ist und den Weg zur Verringerung der Umweltauswirkungen unterstützt und verstärkt, indem sie die Institutionen dazu anregt, im Interesse der Einwohner und der Touristen rasch zu handeln.

 

Außerdem beginnen auch die größte Gipfelbesteigungen stets mit einem ersten kleinen Schritt. Kehre für Kehre wird dann ein großes Unternehmen daraus.

 

Doch was bedeutet das Projekt für die touristischen Betriebe an den Passstraßen und drumherum? Werden sie weniger verdienen? Die Antwort ist einfach: Sehen wir nur, was in unseren historischen Stadtzentren passiert ist, nachdem sie für den Verkehr gesperrt wurden. Das Fehlen von Autos und Motorrädern hat den Geschäften, den Bewohnern, den Gästen gutgetan, denn es hat diese touristisch äußerst wichtigen Areale noch attraktiver gemacht. Jetzt spazieren Menschen über die Straßen, kein Gehupe und kein Verkehr stört dabei, und die Ladenbesitzer freuen sich. Schließen Sie einmal die Augen und stellen Sie sich vor, wie wundervoll es wäre, in der klingenden Stille der Dolomiten etwas Feines zu genießen oder durch die Natur zu wandern. Und nun öffnen Sie die Augen wieder: Dieser Traum kann Wirklichkeit werden. Es liegt nur an uns. An uns allen.

 

Uhrzeiten: Schließung für den Auto- und Motorradverkehr jeden Tag zwischen 10 und 12 Uhr, einschließlich Sonn- und Feiertage

 

Zeitraum: vom 12. Juni bis 24. September

 

Betroffene Pässe: die vier Dolomitenpässe Grödner Joch, Pordoijoch, Sellajoch und Campolongo-Pass. Mit der Aussicht, das Projekt auch auf Falzaregopass und Passo di Giau (sowie eventuell auf weitere Pässe) auszuweiten.

 

Wie: Reglementierung des Durchgangsverkehrs durch die zuständigen Behörden (Gemeindepolizei, Carabinieri, Verkehrspolizei) und mit Hilfe entsprechender Infotafeln. Die Reglementierung wird auch in den Talorten kommuniziert (so wie es bereits bei Straßensperrungen wegen Radrennen im Sommer oder wegen Schnees im Winter geschieht).

 

Zusätzlich: Straßenkontrollen von Juni bis September zwischen 9 und 20 Uhr. Die Kontrollen sollten Geschwindigkeit, Lärmentwicklung, widerrechtliches Parken und allgemeine Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung betreffen. Dazu könnte man gemeindeeigene Mittel (Streifenwägen) mit Hilfsmitteln der Provinz (Instrumente zur Lärmmessung) verbinden.

 

Mitglieder des wissenschaftlichen Komitees „Car Is Over“

Luigi Casanova, Ehrenpräsident von Mountain Wilderness

Diego Cason, Soziologe, beschäftigt sich mit Soziologie des Tourismus und Raumplanung

Michil Costa, Gastgeber, Unternehmer, Präsident der Maratona dles Dolomites und Autor von „Raus aus dem Rummel. Ein Plädoyer gegen die touristische Monokultur“

Stefano Dell’Osbel, Architekt, Mobilitätsexperte und Initiator des Projekts „Treno Val Cordevole”

Riccardo Dello Sbarba, Philosoph, Journalist und Abgeordneter des Südtiroler Landtags für die Gruppe Verdi-Grüne-Vërc

Helmuth Moroder, Ingenieur und Berater im Mobilitätsbereich

Silvia Simoni, Umwelt und Raumplanung Ingenieurin

Luigi Spagnolli, Ex-Bürgermeister von Bozen und Senator für Trentino-Südtirol

Carlo Zanella, Präsident des CAI Alto Adige Südtirol

 

Projektkoordinatoren

Serena Rela, Francesco Ricci e Marlene Zanotti

 

Am Projekt nehmen teil

Altreconomia

Associazione Dislivelli - Montagne in rete

CAI Alto Adige Südtirol

Climate Action South Tyrol

Dachverband für Natur-und Umweltschutz - Federazione Ambientalisti Alto Adige - Lia Provinziela per defender la Natura

Fridays For Future South Tyrol

Gruppo Insilva

Heimatpflegeverband Südtirol

Italia Nostra Trentino

Lia per Natura y Usanzes

Landesleitung AVS - Alpenverein Südtirol

Maratona dles Dolomites

Nardelli Michele

Mountain Wilderness Italia

Simbiosi