AN DER SEITE DER FRAUEN

Jeder Tag ist ein 25. November

Der 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Die Vereinten Nationen haben sich für dieses Datum entschieden, um an den Mord an den Schwestern Mirabal zu erinnern, die 1960 in der Dominikanischen Republik umgebracht wurden, weil sie sich dem diktatorischen Regime von Rafael Leónidas Trujillo widersetzten.

Über 60 Jahre nach diesem Martyrium hat sich die Situation der Frauen weltweit zwar deutlich verändert, deshalb aber nicht zwangsläufig auch verbessert. Allein in Italien beträgt die Zahl der Frauen, die in den letzten fünf Jahren mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt geworden sind, 2 Millionen und 435.000. Das sind 11,6 Prozent aller Frauen zwischen 16 und 70 Jahren – eine erschütternde Zahl. Wenn wir dann noch bedenken, dass in Italien alle drei Tage eine Frau umgebracht wird, dann sollte klar sein, dass wir es hier mit einem gesellschaftlichen Problem unerhörten Ausmaßes zu tun haben. Doch während hierzulande gerade ein „frischer Wind“ aufzieht, der die Gesellschaft in eine veraltete und überholte Idee von Familie zurückzwängen will, während gewisse Rechte von Frauen, die einst durch ein Referendum in Kraft gesetzt wurden, wieder beschnitten werden sollen, während all dieser bedrohlichen Tendenzen übt der Mann unerschrocken und allzu oft auch unbestraft weiter seine erbärmliche Gewalt über das weibliche Geschlecht aus. Es ist das furchtbare Zeichen für eine eindeutige Rückentwicklung des Manns, während wir doch in die genau entgegengesetzte Richtung unterwegs sein müssten und im Respekt – dem Respekt gegenüber unseren Mitmenschen, der uns umgebenden Natur, de grundlegenden Regeln des Zusammenlebens – unser Heil suchen müssten. Man mag sich kaum vorzustellen, dass wir im 21. Jahrhundert immer noch einen so langen Weg vor uns haben, um etwas zu erreichen, was doch eigentlich ganz normaler Alltag sein müsste: eine Beziehung des friedlichen Zusammenlebens zwischen der Frau und dem Mann, zwischen dem Ich und dem Anderen. Möge also jeder Tag ein 25. November sein, und mögen die Frauen nicht lernen müssen, keine Angst zu haben, wie die Dichterin Chandra Livia Candiani schreibt: „Ich will nicht lernen, keine Angst zu haben; ich will lernen, zu zittern. Ich will nicht zu schweigen lernen, ich will die Stille genießen, aus der jedes wahre Wort entsteht.“ Denn ein wahres Wort ist ein freies Wort.