OLYMPISCHE WINTERSPIELE

Milano – Cortina: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht

Wir interessieren uns nicht für die Zukunft unserer Erde. Stattdessen machen wir lieber Geschäfte. Die uns heute viel Geld verdienen lassen. Dass wir damit morgen umso ärmer dastehen? Geschenkt

Wird es uns gelingen, das Abschmelzen der Polkappen aufzuhalten? Werden wir sicherstellen können, dass die weißen Sandstrände der Südseeatolle mit ihren Palmen, diese Symbole für die Verbindung zwischen Irdischem und Göttlichem und zwischen Mann und Frau, nicht von steigenden Meerwasserspiegeln überschwemmt werden? Werden wir das Ruder herumreißen und vermeiden können, dass Länder wie Indien und Pakistan immer häufiger von unerträglichen Hitzewellen getroffen werden? Werden wir dafür sorgen, dass wichtige allgemeine Maßnahmen gegen den Landfraß endlich absolute Priorität bekommen? Doch wir zögern, wir unternehmen nichts, haben ja auch gerade viel zu viel mit sinnlosen, zerstörerischen Kriegen zu tun, und folgen weiter dem altbekannten Motto, nachdem der Krug so lange zum Brunnen geht, bis er bricht. Danach können wir ja weitersehen. Danach – das heißt, wenn die Katastrophe passiert sein wird. Doch bis dieser Moment gekommen ist, machen wir weiter wie gehabt. Tun so, als wäre nichts. Leugnen die Tatsachen.

Ich jedoch – und ich würde mir wünschen, dass es den jungen Menschen ebenso geht – ich möchte angesichts von so viel Kurzsichtigkeit nicht mehr tatenlos zusehen und möchte mir ein bisschen Hoffnung bewahren. Denn ich baue auf die bekannte Flexibilität des menschlichen Geistes, der immer dann, wenn er sich in die Ecke getrieben fühlt, neue Ideen entwickelt. Ideen, die mit dem nötigen Mut die laufenden Prozesse verbessern. Ich hoffe nur eines: Dass sich der ökologische Wandel nicht nur in einem Energiewandel erschöpft und somit die Bedeutung einer echten, revolutionären Veränderung unserer Lebensweise in Richtung Mäßigung und Zurückhaltung zunichte macht. Mäßigung, das heißt, auch mal auf etwas verzichten zu können. Wenigstens auf ein bisschen was. Vor gar nicht allzu langer Zeit war diese Option noch in aller Munde. Alle wollten grüner werden, nachhaltiger, bessere Menschen, interessiert am Schicksal unserer Erde in ihrer Gesamtheit. Doch es waren eben leider nur Worte. Worte ohne Inhalt.

Ich habe keine Angst vor dem, was kommt. Ich fürchte die Unsicherheiten nicht, auch nicht die üblichen Spekulationsgeschäfte, die sich als Fortschritt und Gemeinwohl ausgeben. Wir wissen ja, dass es nur Ammenmärchen sind. Trotzdem erzählen wir sie uns immer wieder gerne. Sehr gerne sogar! Wie auch immer, Angst habe ich keine. Ich bin nur ein bisschen traurig. Denn die Olympischen Winterspiele 2026, die in Mailand und Cortina ausgetragen werden, stehen im perfekten Gegensatz zu einer nachhaltigen Entwicklung in Sachen Umwelt, Gesellschaft und auch Wirtschaft. Diese Winterspiele sind das x-ste und daher besonders unerträgliche Beispiele für eine kurzsichtige Politik und für ein Unternehmertum, das kurz vor der Katastrophe noch schnell so viel Geld wie möglich zusammenraffen will. Und Begehrlichkeiten verfolgt, die längst nicht mehr aktuell sind, die überholt sind und dem eigentlichen Zeitgeist vollkommen entgegenlaufen.

Trotzdem bin ich überzeugt, dass es auch ein anderes Denken und Handeln gibt. Dieses Decken und Handeln erkenne ich in den jungen Menschen, in unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die unsere Hotels managen. Ich sehe es in ihren Ideen und im täglichen Gespräch, in ihrer Fähigkeit, Dinge neu zu denken und alternative, kreative Lösungen zu finden, die losgelöst sind von der üblichen Konsumismus-Routine. In ihnen sehe ich etwas Neues, Anderes, das die Menschen wieder mit den Geheimnissen des Lebens in Verbindung bringt, mit der Natur und mit dem Kosmos. Etwas, das mit Liebe und Poesie zu tun hat, mit der Zeit und mit dem Rhythmus der Jahreszeiten. „Es geht dahin der harte Winter durch die willkommene Wiederkehr des Frühlings …“, schrieb Horaz. Ja, es wird immer wieder einen neuen Frühling geben. Auch nach diesen nächsten, völlig überflüssigen Olympischen Winterspielen.